Sterbebegleitung im Hospiz-Verein Rhein-Ahr e.V.
Wir vergessen allzu oft, dass wir vergänglich sind wie alle Lebewesen aus Fleisch und Blut. Unsere Sterblichkeit ist mir in jungen Jahren sehr schmerzvoll bewusst vor Augen geführt worden. Mit 14 Jahren sah ich meine Mutter ihren Kampf gegen den Krebs verlieren. Meine folgende Kriegsdienstverweigerung war die konsequente Schlussfolgerung. Ich wollte nicht zum Töten ausgebildet werden und so auch noch selbst zum Sterben beizutragen. In der Altenpflege hatte ich dann Kontakt zu Menschen die einer intensiven Betreuung bedurften und war dem Tod wieder nahe.
Danach trat das Thema durch Studium und eigener Familie in den Hintergrund. Dieses verschüttete Bewusstsein wurde dann nach einigen Jahren wieder mit Gewalt wachgerufen. Ein unüberhörbarer Ruf durch den Tod meines acht Monate alten Sohnes erreichte mich, der ein langes und qualvolles Sterben erleiden musste. Sein früher Tod hat mich lange begleitet und der Wunsch meine Trauer irgendwie zu verarbeiten kam immer wieder in mir auf. Jahre später habe ich meinen Vater, wie es mir möglich war, in seinen letzten Monaten begleitet und mich von ihm verabschiedet.
Ich wurde auf den Hospizverein aufmerksam, die Kurse zur ehrenamtlichen Sterbebegleitung anboten. Einige Gespräche und Selbstprüfungen waren nötig um im Entschluss fest zu sein. Ich sah es für passend an, obwohl auch einige Menschen in meiner näheren Umfeld dies mit Unverständnis und sogar Ablehnung bis hin zum der verwunderten Frage „Warum ich dies mache, obwohl dabei doch kein Geld zu verdienen wäre?" sich äußerten. Wozu also sollte ich mich diesem unangenehmen Thema widmen?
Nach sieben Seminartagen im Grundkurs, jeweils samstags, wurde mir die Art und Weise in der Hinwendung zu Sterbenden klar. Empathie und Spiritualität sind gefragt, kein verstandesmäßiges Hinterfragen. Mit Gesten, Zuhören und Reden sich den Sterbenden zuwenden, ihn respektieren und das eigenes Ich mit Demut hinten anstellen. Somit können die Worte eine heilsame Begleitung vom Leben weg hin zum Tod sein. Worte werden zum Balsam für der Seele, die sich in seiner größten Not befindet, im Sterben. Ein humanes Handeln und Tun, das gegen die Einsamkeit in den schwersten Stunden versucht ein Miteinander zu setzen. Jeder wird beim Auf-die-Welt-kommen begleitet, daher ist es folgerichtig auch eine Begleitung beim Aus-der-Welt-gehen zu haben, dem Lebenszyklus einen würdigen Abschluss zu geben!
Zu Beginn war ich nicht verwundert, dass diese soziale Tätigkeit mal wieder rein weiblich besetzt, mehr noch, angeführt wird. Nur zwei Männer waren im Kurs bei insgesamt 12 Teilnehmern. Quotenmänner vielleicht, die eine Lücke schließen sollten? Doch dann wunderte es mich, schließlich haben auch Männer soziale Kompetenz, halt eine etwas andere. Ich empfinde, dass diese Frauendomäne ein männliches Gegenstück braucht. Schließlich bedarf die Vermeidung von Überfluss wie Mangel die Tugend der Mitte. Daher sind gerade Männer aufgerufen sich einzubringen und keine Berührungsängste zu haben!
Es haben nur zwei angehende Begleiter aus dem Raum Adenau teilgenommen. Ob das nur an der Entfernung liegt oder am Verständnis der Aufgaben des Hospizes? Dörflicher Gemeinschaftssinn versus städtischer Anonymität, das Bedürfnis scheint im Ländlichen auf jeden Fall geringer zu sein.
Mehrheitlich engagieren sich somit Teilnehmerinnen aus der Umgebung der Kreisstadt. Vielleicht ändert sich dies mal? Ich jedenfalls freue mich, inzwischen als Mitglied, auf den weiteren Fortgang mit den Aufbaulehrgang im nächsten Jahr. Denn ich bin überzeugt, dass meine Hilfe ankommen wird, auch wenn ich nur an Wochenenden die Möglichkeit dazu habe, da ich im Berufsleben stehe.
Adenau, im September 2015
Franz-Xaver Boeder